SIGNATUREN IM RAUM

Historie/Geschichte

Zur Geschichte der Obermühle:

Die Anfänge der Mühle werden in die Zeit „um 1000“ gesetzt (Dr. Custodis, Denkmalamt Mainz), allerdings gibt es hierüber
keinerlei Aufzeichnungen.
In der „Geschichte der Herren und Grafen zu Eltz“ taucht der Name „Eltzer Mühle“ auf. Die Eltzer hatten schon 1253 Besitzungen in Urmersbach. Die Mühle wird im Zusammenhang mit dem Hauerbacherwähnt, einem Nebenbach des Urmersbachs (heute Stellbach), dem Bach von dem auch die heutige Obermühle ihr Wasser bezieht.
Später lautet der Name der Obermühle „Stubener Mühle“. Hat eventuell eine Tochter der Burg Eltz die Mühle als Mitgift in den Besitz des Kloster Stuben gebracht?

Das Augustinerinnenkloster an der Mosel wurde 1138 gegründet. Nonnen, sogar eine namentlich genannte Meisterin aus dem Eltzer Geschlecht hat es jedenfalls in Stuben gegeben. Der Augustinerinnenkonvent nahm schließlich nur adelige Frauen auf.In einer Urkunde von 1571 (erste dokumentierte Erwähnung der Obermühle) wird eine Stubener Mühle „oben an dem Dorfe zu Oirmerßbach“ genannt, die zum Besitz des Klosters Stuben an der Mosel gehört.Die Urkunde benutzt die Lage der Mühle in Bezug auf den Ort Urmersbach zu näheren Bestimmung, jedoch nicht zur Namensgebung. Hier wird vielmehr Wert auf die Nennung des Besitzers gelegt. Außerdem nennt die Urkunde ein „Mühlenbüchelgen“, dass auf der Tranchotkarte als „Mühlbusch“ bezeichnet wird. Dieser Busch liegt auch noch heute am gegenüberliegenden Hang der Obermühle (die sogenannte Tranchotkarte/Karte der Rheinlande Nr. 158 wurde 1810/1811 unter Leitung des französischen Oberst Tranchot und des preußischen Offiziers von Müffling nach der Besetzung des linken Rheinufers erstellt). Ebenso spricht die Urkunde von einer „Zeynwiese“ (Wiese mit Weidebäumen zur Rutengewinnung für Korbflechter und Rebenbinder), von deren Bepflanzung der Sohn des letzten Müllermeisters Justen noch wusste. Das angrenzende Gelände der „Stubener Mühle“entspricht demnach dem der Obermühle, was als Beweis dafür gelten kann, dass die Obermühle vor der Säkularisierung Stubener Mühle geheißen hat.
Wahrscheinlich gehörte die Mühle wechselnd dem Kloster Stuben beziehungsweise den Grafen zu Eltz.
Unter dem Namen „Eltzer Mühle“ taucht die Obermühle 1724 auf einer Rechnung der Kellnerei Mayen und Monreal auf.
In der „Geschichte der Herren und Grafen zu Eltz“ fand sich der Text: „Hans Jakob zu Eltz gab 1609 einem Masburger
Bürger die verfallene Mühle zu Urmersbach wegen abgelegener Lage, damit sie wieder aufgebaut würde.“ … “Hans Jakob
zu Eltz vermachte die Mühle zu Hanrather im Kirchspiel Masburg 1662 dem Friedrich Wolfgang Herr zu Eltz und Agnes
Apollonia.“ … “Die Stiftsdame Eva Theresia vermachte 1777 die Mühle zu Urmersbach dem Freiherr zu Eltz.“
Die beiden ersten Texte beziehen sich mit Sicherheit auf die Obermühle, da sie die einzige Mühle zwischen Masburg und
Urmersbach ist, die Wasser vom Hanrather (heute Haurother) Bach erhält. Außerdem gehörte sie früher zum Kirchspiel
Masburg, weil sie sich am linken Ufer des Urmersbachs (heute Stellbach) befindet. Die Mühle hat also mehrfach den
Besitzer gewechselt.
Urban Messen nennt in seiner „Beschreibung des Amtes Mayen“ von 1789 zwei Urmersbacher Mühlen: die „Stubener
Mühle“ und die „Jakobische Mühle“. Die Tranchotkarte kennt auch nur zwei Mühlen in Urmersbach: die Obermühle und
die „Oligsmühle“, ebenso die „Eiflia Illustrata“ darunter namentlich die „Schuwerackermühle“. Da nicht nur die Obermühle ihren Namen wechselte, sondern auch die Schuwerackermühle (siehe Anmerkungen), kann nur von zwei
Urmersbacher Mühlen ausgegangen werden, abgesehen von späteren Neugründungen im 19. Jahrhundert.
Infolge der Auflösung der feudalen und kirchlichen Herrschaften wurden im Arrondissement Koblenz 41 Mühlen versteigert,
die übrigen konnten im Vorverkauf von den ehemaligen Mühlenpächtern erworben werden. Da die Stubener Mühle/Eltzer
Mühle nicht in den Versteigerungsakten auftaucht, muss sie der Pächter gekauft haben ohne seinen Namen bei der
Umtaufung zu verwenden. Womöglich sollte der Name der Müllerfamilie „Justen“, der auch auf Urkunden des Klosters
Stuben eine Rolle spielt, nicht Pate für die Benennung der Obermühle stehen.
Insgesamt bleiben über die Zeiten leider die Namen der verschiedenen Pächter der Mühle weitgehend im Dunkeln, nur zwischen 1740 bis Ende des 18. Jahrhunderts ist die Mühle mit dem Namen Wagener oder Wagner verbunden.
Im 19. Jahrhundert taucht dann der Name Johann Justen (1852-1936) auf. Er gilt als letzter Müllermeister der Obermühle. Die Familie Justen (Justen arbeitete nicht nur als Müllermeister, sondern auch als „Mühlendoktor“) muss zu einem relativen Reichtum gekommen sein, denn 1906 bauten sie die alte Mühle - zu einem größeren zweigeschossigen
Gebäude (Mühlengebäude) und zwei kleineren Nebengebäuden (Scheunen), die zusammen einen Innenhof bilden - um.

Eine Postkarte aus der Umbauphase blieb aus jener Zeit erhalten. Sie lässt erkennen, dass damals nur die Grundmauern und das Mühlengebälk mit der eingeschnitzten Inschrift 25. Apri(l) 1752 überdauerten. Dieses noch heute im Gebälk erhaltenen Datum hält nicht die Mühlenentstehung fest, da zu dieser Zeit keine Mühenrechte vergeben wurden, sondern wird wohl die Instandsetzung der „Stubener Mühle“ nach einem Brand oder einem drohenden Verfall festhalten. Ins Auge springt der barocke Zierrat zweier Zwickel, Gestaltungselemente, die auch an erhaltengebliebenen Kreuzwegstationen des Klosters Stuben zu finden sind. Der Trägerbalken für den Läuferstein könnte von einer Kelter stammen. Auch noch andere Teile des Gebälks zeigen Spuren früherer Nutzung. 1952 wurde das Mahlen in der Mühle eingestellt, die Anlage entsprach
nicht mehr den gesetzlichen Vorschriften. Die Technik wurde weitestgehend demontiert. Die Mühlentribüne mit den darauf ruhenden Mühlsteinen blieb erhalten. Die Kornmühle selbst besaß einen Mahl- und Beutelgang. Der sechskantige Holzzylinder des Beutelgangs und die Rückwand der Mehlkiste sind noch vorhanden. Die Müllerstocher und damalige Eigentümerin der Obermühle Elfriede Sibilla Steffes, geb. Justen (1901- 1972) konnte jedoch trotz eingestelltem Mahlbetrieb beim Bau der Kreisstraße (K 13) 1969 erreichen, dass statt des bis dahin vorhandenen Staudamms aus Steinen und Erde, (dem Durchlass für den Hauerbach zum Stellbach hin der sog. Vorfluter F) eine getrennte unterirdische Rohrleitung (Durchmesser 0,6 m) zur Aufnahme des Wassers aus diesem Vorfluter in den Mühlenobergraben der Obermühle durch denStraßenbaulastträger gebaut wurde. Als jedoch die Eigentümerin und zwei Jahre später ihr Ehemann Josef Steffes verstarben, ging die mehr und mehr verkommende Mühle in den Besitz der Erbengemeinschaft ihrer drei erwachsenen Kinder über.

1975 wurde die verfallene Mühle von der Schriftstellerin Hildegard Moos und dem Bildhauer Helmut Moos erworben und in den folgenden Jahren intensiv restauriert, sowie auch als kultureller Ort wiederbelebt. Nach acht Jahren der Trockenheit lief seit 1981 das Mühlenwasser wieder durch den etwa 300 m langen Oberlauf. Der Obergraben wurde auf den
letzten 40 m zu einem Mühlteich mit Mönch und Hochwasserüberlauf ausgebaut. 1995 folgt, dass die Obermühle samt Wasseranlage mit Wehr, Oberlauf, Mühlenteich, Wasserfall, Eishaus und Unterlauf unter Denkmalschutz gestellt wurde. Seit 2004 dreht das Wasser nun auch wieder ein neu errichtetes, oberflächiges Mühlrad von 4,50 m Durchmesser.

Insgesamt zeigen die – wenn auch lückenhaft – erhaltenen Eckdaten der Obermühle beispielhaft, wie Mühlen besondere Geschichten haben. Wenngleich manches Wissen mit den Jahren und Leben davonschwamm, so lässt sich doch erkennen, dass es dabei um mehr als Technikgeschichte geht, sondern stets auch um kultur- und sozialgeschichtliche Belange, persönliche Schicksale in die Menschen und Familien eingewoben sind. Seit die Mühle aus der tradierten Nutzung und nicht mehr Wohn- und Broterwerb durch Müllerei ist, wurde sie zu einer zweckfreien Immobilie, die danach ruft sie zu erhalten und anderweitige Ressourcen aufzudecken.

Dank Hildegard und Helmut Moos, die die Mühle 39 Jahre vor dem Verfall bewahrten, gilt sie heute als ein Zeugnis der Wirtschafts- und Technikgeschichte zwischen der frühen Neuzeit und der Gegenwart. 

Aus Sicht des Denkmalschutzes (seit 1994) besteht für ihre Erhaltung und Pflege in ihrer Gesamtheit „aus geistigen, künstlerischen und handwerklichen sowie städtebaulichen Gründen und zur Förderung des geschichtlichen Bewusstseins sowie zur Belebung und Werterhöhung der Umwelt ein öffentliches Interesse“.


Aber nichts ist für immer und auch die tatkräftigen Besitzer (Möchtemüller) kamen in die Jahre. Die Obermühle blieb

unbewohnt und wuchs zunehmend mit all ihren Erinnerungen und künstlerischen Relikten, wie ein Dornröschenschloss ein.
Drohte sie erneut zu verkommen? Aber das Schicksal wählte nach vier unbewohnten Jahren wieder einmal eine führende,
gestaltende Hand. Seit 2018 pflegt die Tochter und Künstlerin Veronika Moos das hinterbliebene künstlerische Erbe ihrer
Eltern, sowie die Mühlengeschichte. Sie hatte vor 44 Jahren das Verkaufsinserat im Kölner Stadtanzeiger ausgeschnitten:
jene Mühle, in die sich ihre Eltern - trotz ihrer damaligen Verkommenheit - verliebten.

Heute sagt die neue Möchtemüllerin: die Mühle ist ein Planet mit viele unentdeckten und verschwiegenen Winkeln. Dabei überlebte dieser charmante Planet mit erstaunlicher Anziehungskraft auch bisweilen dunkle Zeiten. Zuletzt bietet der Ort dem Mensch Möglichkeiten für so vieles rund um Kunst, Kultur, Landschaft, Skulptur, Poesie, Wasser, Wandern, Raum, Ruhe, Erinnerung, Entdeckungen, Begegnung und Erfindungsreichtum. Freigeschnitten, aufgedeckt, geflutet, gesehen und aufgesucht will die Mühle bleiben.

Denn die Mühle ist - trotz aller Beschaulichkeit in dieser Eifellandschaft am Jakobsweg - ein Ort mit Öffnung zur Welt. Stillstand, Hinterlassenschaften und Hinterland bergen Geheimnisse, ein Gründungsakt für Kultur. Mögen - wenn hier auch nicht mehr Menschen mit Getreide und Mehl ein- und ausgehen – sich weiterhin manche Träumer und Träume einfinden und bewahrheiten. Und während das Mühlrad sich dreht, das Wasser vorbeifließen auf seinem Weg von der Quelle zum Meer.Hinterlassenschaften und Hinterland bergen Geheimnisse, ein Gründungsakt für Kultur. Mögen - wenn hier auch nicht mehr Menschen mit Getreide und Mehl ein- und ausgehen – sich weiterhin manche Träumer und Träume einfinden und bewahrheiten. Und während das Mühlrad sich dreht, das Wasser vorbeifließen auf seinem Weg von der
Quelle zum Meer.

 

Anmerkungen:
Der letzte Müllermeister der Obermühle hieß Johann Justen, sein Sohn war der Schreiner Josef Justen (1902 - 1994). Eine seiner 2 Töchter Elfriede Sibilla Steffes (1901- 1972) übernahm die Mühle.
Verschiedene Namen der Schuwerackermühle: Jacobische Mühle, Pützfelder Mühle, Condominalmühle, Oligsmühle (d.h. Ölmühle, die der Schuwerackerhof zusammen mit der Kornmühle betrieb).

Literatur:
Geschichte der Herren und Grafen zu Eltz. 1989/90; Erster Band, Seite 207, 259, Zweiter Band, Seite 49, 244
Des Klosters Stuben Güter und Mühlen zu Urmersbach.1571; Landeshauptarchiv Koblenz, Best. 181, Nr. 233, Seite 15/16
Die Nationalgüter im Arrondissement Koblenz und ihre Veräußerung in den Jahren 1803 – 1813. K. de Faria e Castro, 1973
Beschreibung des Amtes Mayen 1789 von Urban Messen. Seite 86
Eiflia Illustrata. Bd. 6, Seite 265




 

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